Warum und wie zu beten?
Der Zweck des Lebens ist es, zur Ähnlichkeit mit Gott heranzureifen. Nur wenn dieser Zweck erreicht wird, kann der Mensch die Schau Gottes in Ewigkeit ertragen und mit Gott in Freude und Seligkeit wohnen. Dies ist die einzige Möglichkeit, den Tod zu überwinden. Um diese Ähnlichkeit mit Gott zu erreichen, muss man sich schon im Leben zur Gegenwart Gottes erziehen. Das bedeutet, sich stets vor dem Angesicht Gottes vorzustellen und sein Handeln nach diesem Bild zu korrigieren.
Das Schönste, aber gleichzeitig Schwirigste im Leben ist es, wahre Beziehungen zu pflegen. Ein leben ohne Beziehungen, also mit dem Blick nur auf sich selbst zu leben, wird ein langsames Absterben der eigenen Persönlichkeit und endet letzendlich mit der Verstoßung von Gott. Die Schlüsselbeziehung, der niemand ausweichen kann und soll, ist die persönliche Beziehung zu Gott. Gebet bedeutet, diese Beziehung von unserer Seite her zu erhalten und zu vertiefen. Von Gottes Seite her ist die Pflege der Beziehung dagegen Gnade gennant.
Der eigentlichste Ausdruck einer lebendigen Beziehung ist die Ehrfurcht vor anderen, somit vor Gott und seinen Geschöpfen. Die Ehrfurcht vor Gott bringt man am besten mit dem Lob, das wir Liturgie nennen, zum Ausdruck. Die Liturgie soll aber nicht nur ein äußerliches, öffentliches und gemeinsames Lob im Gottesdienst sein, sondern sie soll im weiteren Sinn die Ausdruckform unseres ganzen Lebens sein. Unser gesamtes Leben soll daher als Liturgie aufgefasst werden. Auf Gott kann man nämlich nicht anders als mit dem ungeteiltem Herzen zugehen.
Die monastische Tradition hat sich deshalb in erster Linie mit der Anweisung des Evangeliums "Betet ohne Unterlass!" beschäftigt. Wenn man diese vereinfacht verstand, betete man in Schichten ohne Unterlass oder man schaffte alles ab, was nicht öffentliches und offesichtliches Lob Gottes war. Allmählich kam das Mönchtum allerdings zu einer tieferen, von der Kirche aufgenommenen und als richtig anerkannten Interpretation der genannten Anweisung. Ohne Unterlass zu beten bedeutet demnach, die gewöhnlichen Tätigkeiten des Menschen so häufig und so passend mit dem innigen Gedenken Gottes zu durchwirken, dass schließlich die innere Spaltung im Leben verschwindet. Dafür haben sich durch Mönchstum folgende Mittel entwickelt:
- das häufige regelmäßige Gebet,
- das Stoßgebet (in freien Augenblicken die innerliche Anrufung Gottes mit Hilfe einer Formel)
- die Lectio divina ("Suchet beim Lesen und ihr werdet in Betrachtung finden. Klopfet im Gebet und es wird euch in Anschauung geöffnet").
Es gibt das gemeinsame und private/persönliche Gebet, wie auch Beziehungen. Warum ist das gemeinsame Gebet notwendig? Ein altes Sprichtwort sagt: "In den Himmel geht man gemeinsam, aber in die Hölle geht jeder allein." Als das am besten für das gemeinsame Gebet geeignete Hilfsmittel haben sich seit dem Anfang der Kirche die Psalmen erwiesen. Das Wort "Psalm" stammt aus Hebräischen und bedeitet ungefähr "Lobgesang". Schon Jesus betete zum Vater mit Psalmen. Das Gebet in Psalmen ist gleichzeitig persönlich und gemeinschaftlich. Es umfasst die ganze Schöpfung, errinert an heilbringende Ereignisse der Vergangenheit und reicht bis zur Vollendung der Zeit. Es preist die schon erfüllten Verheißungen Gottes und erwartet den Heiland, der die Welt vervollkommnen wird. Es gibt 150 Psalmen. Man findet sie im Buch der Hl. Schrift, das der Psalter gennant wird.
Im Psalter wandelt das Wort Gottes wandelt zum Gebet des Menschen. Während die anderen Bücher des Alten Testaments die Werke Gottes für die Menschen im Worte fassen und die in den Werken Gottes eingeschlossenen Mysterien erklären, singt der Mensch mit dem Psalter für Gott und die Worte der Psalmen bringen heilbringende göttliche Taten zum Ausdruck. Der Geist Gottes selbst inspiriert dabei die die Antworten der Menschen auf die Taten Gottes. Christus verbindet verbindet beides, d. h. die göttlichen Taten und das Gebet zu Gott, und in Ihm lernen wir, wie mit den Psalmen stets zu beten.