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Führung in Deutsch (německy)

Besichtigungsroute I. – KLOSTER

0. Begrüßung

Sehr geehrte Gäste,

wir heißen Sie in der Zisterzienserabtei Vyšší Brod herzlich willkommen!

 

Nach dem Fall des kommunistischen totalitären Regimes im Jahr 1990 kehrten Mönche an diesen Ort zurück, um hier nach der Regel des hl. Benedikt wieder zu leben, zu beten und zu arbeiten. In der Tschechischen Republik ist Vyšší Brod gegenwärtig das einzige lebendige Männerkloster des Zisterzienserordens.

 

Der deutsche Eigenname von Vyšší Brod lautet Hohenfurth. Das Kloster Hohenfurth wurde in der Mitte des 13. Jahrhunderts vom südböhmischen Geschlecht der Wittigonen gestiftet. Wir befinden uns hier unweit der tschechisch-österreichischen Grenze im südlichsten Winkel des Landes Böhmen. Das Kloster ist ein wichtiges nationales Kulturdenkmal, das durch die authentische Schönheit seiner gotischen Architektur besticht. In der Abtei der Himmelfahrt Mariens befindet sich die am besten erhaltene Ordensbibliothek Tschechiens und die hiesigen kunsthistorischen Sammlungen sind die wertvollsten und umfangreichsten aller tschechischen Zisterzienserklöster. Es freut uns, dass wir Sie im Rahmen der Führung sowohl mit der Geschichte als auch mit der Gegenwart des Klosters vertraut machen können! Die in Vyšší Brod aufbewahrten, überaus wertvollen Schätze der Vergangenheit sind mit der europäischen Kultur und den Werten unseres christlichen Glaubens auf das Engste verknüpft. Von den bekannten Objekten sind beispielsweise die Hohenfurther Madonna oder das legendäre Zawischkreuz zu erwähnen. Diese und viele andere Kunstgegenstände haben sich in Vyšší Brod / Hohenfurth trotz ihrer bewegten Geschichte bis heute erhalten.

 

Sehr geehrte Gäste, während der gesamten Führung können Sie Informationen zu einzelnen Räumen und Kunstobjekten mittels dieses Audioguides abrufen, der vom Südböhmischen Kreis als tourismusfördernde Maßnahme kofinanziert wurde.

Wir ersuchen Sie, während der geführten Besichtigung des Klosters stets mit Ihrer Gruppe mitzugehen und dabei die Anweisungen unserer Fremdenführerinnen bzw. Fremdenführer zu befolgen. Respektieren Sie, bitte, den sakralen Charakter dieses altehrwürdigen Klosters. Wir danken für Ihr Verständnis, dass in den Innenräumen der Abtei weder fotografiert noch gefilmt werden darf.

 

Wir wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt und viele bereichernde Erlebnisse in der spirituellen und kulturellen Welt der Zisterzienser von Vyšší Brod!

 

1. Die Abteikirche

Sehr geehrte Besucherin, sehr geehrter Besucher,

nochmals begrüßen wir Sie herzlich in der Zisterzienserabtei Vyšší Brod!

Wir bitten Sie, während der geführten Besichtigung des Klosters stets mit Ihrer Gruppe mitzugehen. Das Fotografieren und Filmen ist in den Innenräumen der Abtei nicht gestattet. Wir danken für Ihr Verständnis und bei der Klosterbesichtigung wünschen wir Ihnen bereichernde Erlebnisse!

 

Nun befinden wir uns in der Abteikirche, die den zentralen Raum eines jeden Klosters bildet. An dem Gotteshaus aus hartem Böhmerwald-Granit wurde etwa hundert Jahre lang gebaut, etwa bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts. In den böhmischen Ländern zählte die Hohenfurther Klosterkirche lange überhaupt zu den größten Sakralbauten. Das Bauwerk ist 52 Meter lang und bis zum Hauptknotenpunkt des Gewölbes 17,5 Meter hoch. Das architektonische Konzept spiegelt Ideale des Zisterzienserordens wider, die auf strenger Askese, ergebenem Gehorsam und kristallklarer Mäßigkeit beruhen.

 

Der Zisterzienserorden entstand im Jahr 1098 in Burgund, als 21 Mönche die behagliche Sicherheit des Benediktinerklosters Molesme verließen und die Absicht fassten, ihre Lebensweise von Grund auf zu reformieren. Vom Abt Robert geführt, zogen sie in die Gegend von Dijon, wo sie in der halb zerfallenen Kirche einer verlassenen Benediktinerabtei das Neue Kloster Cîteaux gründeten, das im Lateinischen Cistercium hieß. Im damaligen Europa war es durchaus üblich, dass die Ordenspriester nur beteten und pompöse Gottesdienste veranstalteten. Abt Robert fühlte sich jedoch zu den Idealen der strengen Askese und Armut hingezogen. Gott preisen und leben wollte er kompromisslos nach der Regel des hl. Benedikt: in Zurückgezogenheit, ohne sekundäre Einkünfte, dafür aber von der Arbeit seiner eigenen Hände. So arbeiteten die Mönche sehr hart, ausnahmslos hielten sie an der Regelmäßigkeit der liturgischen Gebetsdienste fest, sie schliefen auf blankem Fußboden, als Verpflegung gab es für sie nur Wasser, Brot und einen Teller Gemüse am Tag. Die Erlaubnis, Fleisch zu essen, erhielten die Ordensbrüder nur dann, wenn sie erkrankten. Bald trugen die Zisterzienser ein weißes einfaches Gewand aus grobem Tuch mit einem schwarzen Skapulier, das als Überwurf den Rücken und die Brust bedeckt und fast zum Fußboden reicht. Zu diesem Zeitpunkt hätte es niemand für möglich gehalten, dass die einem strengen Armutsideal verpflichteten Mönche vom mitten in Sumpfgebieten gelegenen Neuen Kloster Cîteaux die Keimzelle bilden sollten von Hunderten von Männer- und Frauenklöstern, die in ganz Europa sowohl die Kultur als auch die Wirtschaft maßgeblich und nachhaltig prägten. Eines dieser Klöster ist auch Hohenfurth – Vyšší Brod. Und auch dieses Kloster erbauten die Zisterzienser nach ihrem programmatischen Idealplan, in dem die Gestalt und Funktion der einzelnen Klosterräume im Einklang mit der Ordensspiritualität festgelegt war.

 

An beiden Seiten der Längswände der Kirche steht jeweils ein Flügelaltar, der im Kern spätgotisch ist. Rechts sehen wir den Altar des hl. Rochus, links der hl. Barbara.

 

In der Mitte der Kirche befindet sich das Chorgestühl, dessen mittiges Gitter die Statuten des Apostels Petrus und des hl. Paulus flankieren. Das Chorgestühl schuf im Jahr 1725 der Hohenfurther Mönch Josef Raffer, der auch die Beichtstühle und die Kanzel in der Kirche anfertigte.

 

Im Chorgestühl versammeln sich die Ordensbrüder siebenmal am Tag, um Gott zu loben und preisen, wie es im Psalm 119 geschrieben steht. Für die Zisterzienser von Vyšší Brod fängt der Tag morgens schon vor drei Uhr an. Das Rückgrat des Tagesablaufs der Mönche sind die in rhythmischer Regelmäßigkeit abzuhaltenden Stundengebete – das sogenannte Göttliche Offizium. Klöster erfüllen in erster Linie zwar den Zweck einer intensiven Suche nach Gott, die in der würdevollen Eucharistiefeier gipfelt. Den Tagesablauf in einem Zisterzienserkloster bestimmt jedoch der ausgewogene Wechsel von Gebet – geistlicher Lesung – und Arbeit. Das Ziel der in Stille und Abgeschiedenheit lebenden Mönche war und ist es, demütig und beharrlich nach Gott zu suchen und dadurch zu Frieden und Harmonie zu gelangen.

 

Die kleine Orgel, die in die Doppelwand des Chorgestühls eingebaut wurde, dient der Begleitung des Chorgesanges der Mönche während ihrer Stundengebete.

 

2. Die Kapellen des hl. Benedikt und hl. Bernhard

Die Abteikirche zu Hohenfurth ist eine Hallenkirche. Das bedeutet, dass alle Schiffe von gleicher Höhe sind. Jetzt befinden wir uns im Querschiff, das am dreischiffigen Langhaus anschließt, sodass der Grundriss beider Bauteile die Form eines Kreuzes bildet. Zuerst erbaut wurde dieser Ostteil der Kirche, der von der französischen Gotik geprägt ist.

An der Nordwand des Querschiffs unterhalb des großen Fensters steht ein neugotischer Altar der hl. Reliquien mit einer unter dem Baldachin platzierten Herz-Jesu-Statue. Die in den Glasfenstern vorhandenen Szenen erzählen Legenden über den böhmischen Heiligen Johannes von Nepomuk.

 

Die äußere Seitenkapelle, die von einem blauen Streifen mit kleinen Goldkreuzen umsäumt wird, ist Benedikt von Nursia geweiht. Dieser Heilige wird auch als Vater des abendländischen Mönchtums bezeichnet. Seine seit vielen Jahrhunderten bewährte Benediktusregel bildet nämlich neben der Bibel die primäre Grundlage des monastischen Lebens der Zisterzienser, aber auch zahlreicher anderer Ordensgemeinschaften.

Das in den Fußboden der Kapelle eingelassene Grabmal dürfte seinen Ursprung im Umkreis des bedeutenden Passauer Bildhauers Jörg Gartner haben. Die Figur des liegenden Ritters trägt Portraitzüge des Verstorbenen Johann Zrinyi Graf von Seryn. Johann Zrinyi war ein Neffe der letzten rosenbergischen Herrscher. Er besaß die benachbarte Herrschaft Rosenberg und hatte Rechte und Pflichten als Schutzobrigkeit dieses Klosters inne. Der Graf starb jedoch 1612, bald nach dem Tod des letzten Rosenbergers Peter Wok. Und somit ging das große rosenbergische Erbe an ihm vorbei.

 

Im Obergeschoss oberhalb dieser Kapelle befindet sich das Rosenberger-Oratorium, in dem das legendäre Zawischkreuz ausgestellt wird. Nähere Informationen zur Besichtigung eines der weltweit wertvollsten Reliquiare erfahren Sie in unserem Klosterladen.

 

Die Kapelle nebenan wurde Bernhard von Clairvaux geweiht, dem wohl bekanntesten Heiligen des Zisterzienserordens. In der Kapelle sehen wir bemerkenswerte Grabsteine der Äbte. Im ganzen Kloster haben sich insgesamt 25 solche Grabplatten erhalten. Im Laufe der mehr als 750jährigen Geschichte des Klosters wurden bislang 43 Äbte gewählt und 4 Administratoren ernannt.

 

3. Das Presbyterium

Das große Ölgemälde an der Südwand des Presbyteriums malte Josef Hellig aus Prag im Jahr 1840. Es veranschaulicht die Legende über die Gründung des Klosters Hohenfurth, die erzählt, dass anstelle des hiesigen Klosters einst eine Kapelle gestanden haben soll. Der Landesmarschall von Böhmen Wok, der auf der benachbarten Burg Rosenberg seinen Sitz hatte, wollte eines Tages in dieser Kapelle seine Andacht verrichten. Er musste durch den Moldaufluss reiten, an dessen gegenüberliegendem Ufer die Kapelle stand. Doch gerade diesmal war der Fluss so hoch angeschwollen, dass Wok in Lebensgefahr geriet. Da gelobte er, an demselben Ort, wo die Kapelle stand, ein Kloster zu erbauen, wenn er dem Tode entginge. Danach kam er an das Ufer und aus Dankbarkeit gründete er ein Kloster zu Ehren der allerseligsten Jungfrau Maria.

Auf dem Bild sind in den Wolken die hl. Anna selbdritt sowie der Patron der Zisterzienser Bernhard zu sehen. Ein Engel eilt zu Hilfe, um Wok aus dem reißenden Fluss zu retten.

 

Das Bild an der gegenüberliegenden Seite schuf Bartoloměj Čurn im Jahr 1879. Darauf sehen wir, wie Wok und seine Gattin Hedwig kniend das Kloster der unbefleckten Jungfrau Maria mit Jesuskind übergeben. Die Veranschaulichung des hl. Benedikt als eines alten Mannes mit Vollbart ruft ins Gedächtnis, dass die Hohenfurther Mönche nach seiner Regel zu leben haben. Der auf dem Bild dargestellte hl. Wenzel symbolisiert das Hoheitsgebiet der Prager Diözese, auf dem sich die Abtei befindet.

Heinrich von Rosenberg, der auf dem Bild noch jugendlicher Nachkomme des adeligen Stifterpaars, führt die ersten zwölf Zisterzienser mit Abt Otto an deren Spitze nach Hohenfurth ein.

 

Nicht nur die Gründungslegende, sondern vor allem historische Quellen bezeugen, dass die Zisterzienserabtei Hohenfurth im Jahr 1259 von Wok I. von Rosenberg gestiftet wurde. Am Hof des Königs von Böhmen und zugleich des Herzogs von Österreich Přemysl Ottokar II. spielte dieser Adelige eine wichtige Rolle. Woks Gattin Hedwig entstammte dem einflussreichen Grafengeschlecht der Schaunberger, die ihre Grablege im Zisterzienserkloster Wilhering hatten, das an der Donau unweit von Linz liegt. Diesem Zusammenhang ist zu verdanken, dass die ersten Mönche von dort nach Hohenfurth berufen worden sind. Die Rosenberger, das mächtigste Herrengeschlecht des böhmischen Königreichs, gründeten und beschützten die Abtei Hohenfurth als ihr repräsentatives Hauskloster, in dem die Zisterzienser für das Seelenheil aller Rosenbergerinnen und Rosenberger bis heute Fürsprache halten und für die ganze Welt unablässig beten.

 

Unterhalb des zweiten Ölgemäldes, in der Wand des Presbyteriums eingelassen, sehen wir eine Grabplatte aus rotem Marmor. Dieses Epitaph mit dem rosenbergischen Reiter als Kernmotiv deutet darauf hin, dass sich unter dem Fußboden des Chors die Familiengruft der Rosenberger befindet. Alle zehn Generationen des einst so mächtigen Geschlechts fanden hier die Stätte ihrer ewigen Ruhe. In der Gruft wurden insgesamt 38 Personen begraben: bis auf Wilhelm alle Herrscher des Rosenberger Dominiums und beispielsweise auch die böhmische und polnische Königin Viola Elisabeth von Teschen. Als letzter wurde in das Familiengrab der im Jahr 1611 verstorbene Peter Wok gelegt, mit dem das Geschlecht erloschen ist. Nach den Rosenbergern beanspruchten die Schutzrechte über die Abtei zunächst die Krumauer Eggenberger und später die Fürsten zu Schwarzenberg.

In den letzten Jahren wurden wissenschaftliche Untersuchungen der Rosenberger Gruft durchgeführt, die verblüffende Ergebnisse ergaben. Diese werden in unserer Multimediaausstellung erläutert, die Sie im Rahmen der Besichtigungsroute ZAWISCHKREUZ gerne ansehen können.

 

Die Gruft der privilegierten Klostergründer wurde deshalb im Presbyterium errichtet, weil in mittelalterlichen Legenden die Meinung verbreitet war, dass am Tag des Jüngsten Gerichts zuerst diejenigen von den Toten auferweckt würden, deren Grabstätten sich am nächsten des Hauptaltars mit dem Tabernakel befänden. Den Oberteil des Hauptaltars dürfte ursprünglich der berühmte Hohenfurther Bilderzyklus gebildet haben, den die Hohenfurther Zisterzienser der Nationalgalerie in Prag als Leihgabe zur Verfügung gestellt haben. Heute verdeckt fast die gesamte Fläche des Chorschlusses der frühbarocke, mit 24karätigem Blattgold staffierte Hochaltar. Den Altar, an dem mehr als fünfzig verschiedene Figuren und Engelsköpfe vorhanden sind, schufen in den Jahren 1644 bis 1646 der Holzschnitzer Linhart Wulliman und der Maler Franz Georgius, beide Mönche aus der Abtei Salem. Die zwei überlebensgroßen Statuen an den Säulen veranschaulichen den hl. Bernhard von Clairvaux und dessen Schüler, den seligen Eugen III., der als erster Zisterzienser zum Papst gewählt wurde.

Die Plastiken Krönung Marias und die Heilige Dreifaltigkeit im Oberteil des Hochaltars verfertigte der Bildschnitzer Johann Kopatsch aus Rosental.

 

Die Kirche war ein fixer Bestandteil der sogenannten Klausur, also des Bereichs, der ausschließlich den Ordensangehörigen vorbehaltenen ist. Ihr majestätisches Gebetshaus durften somit ausschließlich die Zisterzienser selbst betreten, und nur in bestimmten Fällen die adeligen Wohltäter des Klosters. Gewöhnliche Gläubige aus den Reihen der Klosteruntertanen wurden in die Abteikirche erstmals erst nach vierhundert Jahren eingeladen. Vor ihren Augen wurde mithilfe einer mechanischen Apparatur das große Altarblatt gewechselt. Dies geschah jeweils während eines Gottesdienstes, der anlässlich von kirchlichen Hochfesten viermal im Jahr gefeiert wurde.

Im Einklang mit der liturgischen Ordnung werden die Altarbilder auch heute einander abgewechselt. Die Darstellung der Himmelfahrt Mariens hängt im Laufe des Kirchenjahrs am längsten – für die Osterzeit werden Altarbilder mit der Kreuzigung und Auferstehung installiert – und zu Weihnachten wird die Szene der Geburt Christie gezeigt. Alle vier Bilder malte Josephus Hauska im Jahr 1654. Wie sich die Szenen abwechseln, zeigt Ihnen ein Modell des Hochaltars, das Sie unterhalb der Musikempore am Kirchengitter vorfinden.

Tagtäglich zelebrieren die Zisterzienser von Vyšší Brod vor dem Hauptaltar die heilige Messe im überlieferten römischen Ritus, zu deren Feier alle herzlich eingeladen sind.

 

4. Die Marienkapelle und das frühgotische Portal

In der Mitte des neugotischen Altars in der Marienkapelle sehen wir eine Kopie der berühmten Hohenfurther Madonna, die Professor Bohuslav Slánský im Jahr 1938 malte. Das Originalbild ist in der Galerie gotischer Kunst ausgestellt.

 

Die jungfräuliche Gottesgebärerin verehrten Christen, noch bevor die Zisterzienser die Bühne der europäischen Geschichte betreten hatten. Doch erst unter dem Einfluss der zisterziensischen Spiritualität wurde der zu Ehren Mariens vorgetragene Wechselgesang Salve Regina als Schlussgesang des letzten Tagesgebetes für alle Klostergemeinschaften verbindlich. Wie für die Abtei Hohenfurth, gilt für alle anderen Zisterzienserklöster auch, dass sie von Beginn an zur Ehre Mariens gegründet wurden.

 

Gleich neben der Marienkapelle steht ein frühgotisches Portal, das in die heutige Sakristei führt. Diese wurde schon bei der Klostergründung als erster Gebetsraum der Hohenfurther Mönche errichtet und ist somit der älteste Bauteil der ganzen Abtei. Besonders bemerkenswert ist die im oberen Bogenfeld ersichtliche Schmuckfläche, die man als Tympanon bezeichnet. In dem von floralen Motiven umrandeten Relief wurzelt ein Weinstock, aus dessen Reben Trauben und Blätter wachsen. Aus einer Wolke kommt die segnende Hand Gottes hervor und an den Seiten erblicken wir zwei Fuchsköpfe. Dieses Motiv verweist auf folgenden Vers des Hohenliedes: Fangt uns die Füchse, die kleinen Füchse! Sie verwüsten die Weinberge, unsere blühenden Reben.

 

Von diesem poetischen Text wurde der Kirchenlehrer und heilige Zisterzienserabt Bernhard von Clairvaux inspiriert, umfangreiche Predigttexten zu verfassen, deren Abschrift bereits die ersten Zisterzienser bei der Besiedlung Hohenfurths mitgebracht hatten. Bernhard interpretierte die Füchse als Häretiker, in denen er eine ernsthafte Bedrohung für seine Klöster sah. In Bernhards Augen sind sie zugleich auch Karikaturen der Boshaftigkeit, Ungeduld oder der täuschenden Einbildung, dass der Mönch dazu berufen wäre, andere Menschen predigend zu ermahnen. Die kleinen Füchse wurden oft auch als Symbol für Versuchungen gedeutet, die scheinbar überall unabwendbar lauern und den Menschen zu Fall bringen suchen.

 

5. Die Gotische Galerie

Den Kern der kunsthistorischen Sammlungen der Abtei Vyšší Brod bilden Tafelbilder und Skulpturen der christlichen Kunst. In vielen Fällen handelt es sich um Objekte, die aufgrund ihrer hohen Qualität in der europäischen Kunstentwicklung eine wichtige Stellung einnehmen. Diese Kunstschätze des Mittelalters wurden dem Kloster seitens des tschechischen Staats in den Neunzigerjahren des 20. Jahrhunderts zurückgegeben. Seit 2013 sind sie in diesem gewölbten Raum ausgestellt, der früher als Beichtkapelle der heiligen Schutzengel diente. Die Einrichtung der Galerie gotischer Kunst finanzierte der Verein zur Förderung des Zisterzienserstiftes Hohenfurth.

 

Im Vorraum der Galerie sind Werke ausgestellt, die von einem anonymen Künstler geschaffen wurden, den man als Meister der sitzenden Madonna bezeichnet. Das Relief Entschlafung Mariens von Hohenfurth wurde um 1500 aus Lindenholz geschnitzt. Den aus der gleichen Zeitperiode stammenden Flügelaltar schenkte dem Kloster der Budweiser Industrielle Adalbert Lanna. Das daneben stehende Hausaltärchen ist mit Szenen bemalt, die auf die Holzschnitte der Kleinen Passion Albrecht Dürers zurückgehen. In der gegenüberliegenden Vitrine erblickt man drei Tafelbilder venezianischer Schule, deren reich geschnitzte Rahmen neugotisch sind.

 

In der böhmischen Tafelbildmalerei nimmt die Kreuzigung von Hohenfurth eine Ausnahmestellung ein, die ein frühes Werk des Meisters des Wittingauer Altars zu sein scheint.

Aus der Kollektion der Madonnenbildnisse ist die Hohenfurther Madonna die bedeutendste, die traditionell als Gnadenbild der Hohenfurther Klosterkirche betrachtet wird. Neben den Heiligenfiguren ist in der rechten unteren Ecke dieses Bilds wahrscheinlich der Kanoniker Simon von Nymburk abgebildet, der das Kunstwerk in einer Prager Hofwerkstatt anfertigen ließ. Die feine Punzierung der anbetenden Engel auf Goldgrund erreicht auf diesem Tafelbild höchste Qualität.

 

Bei allen in der Gotischen Galerie ausgestellten Objekten finden Sie entsprechende Basisinformationen auch in deutscher Sprache.

 

6. Die Abbildung des Klosters und seine Geschichte

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts befand sich die gesamte Klosteranlage in intaktem Zustand, wie es diese wirklichkeitsgetreue Darstellung der Abtei aus der Vogelperspektive zeigt. Auf der großformatigen Vedute erkennt man den Meierhof, äbtliche Pferdestallungen, die Klosterapotheke, die Brauerei, Gewächshäuser, Zier- sowie Nutzgärten, die Orangerie, die Mühle oder Gebäude, in denen verschiedene Handwerke ausgeübt wurden. Die imposantesten Bauten, wie vor allem die Klosterkirche Mariä Himmelfahrt, wurden aber für religiöse Zwecke konzipiert. In erster Linie entspringt das Ordensleben nämlich tiefem Glauben an Christus. Von unermüdlichem Reformeifer erfasst und von edlen geistigen Idealen getragen leisteten die Zisterzienser einen entscheidenden Beitrag zur landwirtschaftlichen Kultivierung der europäischen Landschaft. Sie entwickelten moderne Methoden für die Zucht von Nutztieren genau so wie für die Fischwirtschaft, aber auch für die Ziegelproduktion oder Eisengewinnung.

Die mächtigen Rosenberger und ihre wittigonischen Verwandten hatten dem Kloster Hohenfurth bei dessen Gründung weitläufige Waldgebiete und Felder gestiftet. Im Spätmittelalter gehörten der Klosterherrschaft 105 Dörfer und zwei Städtchen an, nämlich Hohenfurth und Höritz im Böhmerwald. Die Abtei wurde zum wichtigen geistlichen, kulturellen, wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und administrativen Zentrum.

Die gotische Abtei wuchs auf dem Felsenvorsprung empor, der sich über dem Zusammenfluss der Moldau und des Dürnaubachs erhebt. Schon lange vor der Klostergründung im Jahr 1259 existierte in der Nähe eine Marktgemeinde, in der eine eigene Kirche stand. Die Gegend nannte man Hohenfurth. Der Name kommt von der Furt, die als hohe Furt bezeichnet worden war, weil sie im Gegensatz zu anderen, weiter unten an der Moldau vorhandenen Furten am Oberlauf des Flusses lag. Über diese hohe Furt gelangten Kaufmannskarawanen auf das jeweils gegenüberliegende Moldauufer immer dann, wenn sie den uralten Weg zwischen Böhmen und den Donaugebieten beschreiten mussten.

 

Das befestigte Kloster konnte den Angriff der Hussiten 1422 abwehren, die während der Belagerung jedoch den Dachstuhl der Klosterkirche in Brand setzten. Ein weiterer verheerender Großbrand suchte sowohl die Kirche als auch die umliegenden Gebäude im Jahr 1536 heim. Während des Dreißigjährigen Krieges litt die ganze Klosterherrschaft unter Gräueltaten und Plünderungen des Militärs. Aufgrund der Aufhebung der Untertänigkeit der Bauern im Jahr 1848 wurden die grundherrschaftlichen Rechte der Abtei abgeschafft. Von nun an verzeichnete das Kloster Hohenfurth Erfolge als Großgrundbetrieb in der Forst-, Land- oder auch Teichwirtschaft und später initiierte es beispielsweise auch die lokale und regionale Elektrifizierung. Die Zisterzienser waren als Priester in den vom Kloster betreuten Pfarreien tätig, sie lehrten an Gymnasien und Universitäten und widmeten sich den Wissenschaften.

 

Erstmals in seiner Geschichte wurde das Kloster durch das Hitlerregime im Jahr 1941 aufgehoben. Aufgrund von konstruierten Beschuldigungen kam der damalige Abt Tecelin Jaksch ins Gefängnis, die Mönche wurden aus dem Kloster vertrieben, manche fielen an der Front, P. Engelbert Blöchl wurde im Konzentrationslager Dachau ermordet. Nachdem die Nationalsozialisten das gesamte Klostervermögen beschlagnahmt hatten, wurden viele Gebäude samt Kirche mit einem braungrünen Anstrich versehen. Die Nazis wollten das Kloster für den Fall von Luftangriffen deshalb tarnen, weil sie darin unter Geheimhaltung Hunderte von wertvollen Kunstwerken lagerten, die sie in ganz Europa geraubt hatten und nach dem vermeintlichen „Endsieg“ im Linzer „Führermuseum“ präsentieren wollten. Nach dem Kriegsende 1945 kehrten viele Hohenfurther Zisterzienser in ihr Heim zurück. Wie die meisten deutschsprachigen Böhmerwäldlerinnen und Böhmerwäldler wurden jedoch bald darauf auch die deutschsprachigen Patres des Landes verwiesen. Die letzten sieben tschechischen Mönche konnten sich in Vyšší Brod ebenso nicht lange halten. An einem Abend des Jahrs 1950 wurden sie von der Staatspolizei verhaftet und in ein Internierungslager gebracht. Nicht nur Vyšší Brod, sondern alle Männerklöster in der damaligen Tschechoslowakei wurden durch das totalitäre kommunistische Regime aufhoben. Die innerhalb der Klosteranlage befindlichen Gebäude wurden verstaatlicht und verschiedenen Organisationen übertragen – beispielsweise der Armee oder der Staatlichen Kolchose. In den späteren Jahren wurden bestimmte Räumlichkeiten als Museum zugänglich gemacht, obgleich die wertvollsten Kunstwerke in andere, zentrale Museen weggebracht worden waren. Während der vierzigjährigen Herrschaft des Kommunismus verwahrloste das Kloster zusehends.

Nach dem Fall der kommunistischen Herrschaft 1989 kehrten die Zisterzienser in ihr Böhmerwaldkloster zurück. Unter schwierigen Umständen nahmen sie dessen anspruchsvolle Erneuerung auf. Die Mönche leben, beten und arbeiten hier nach der Benediktusregel für das Wohl des Klosters und der umliegenden Region, wie es seit Jahrhunderten üblich war. Aufgrund von rechtmäßigen Kirchenrestitutionen erhielt das Kloster Vyšší Brod seinen ursprünglichen Besitz im Jahr 2016 zurück.

 

7. Der Kleine Saal der Gemäldegalerie

Die Räumlichkeiten des ursprünglichen Stiftsmuseums, in denen wir uns nun befinden, wurden anstelle von alten Mönchszellen in den Jahren 1835–1838 erbaut. Die im klassizistischen Stil errichteten Säle – mit böhmischen Kappengewölben und toskanischen Säulen – entstanden nach den Plänen des Krumauer Baumeisters Karl Jamber. Die Objekte der umfangreichen kunsthistorischen Sammlungen der Abtei waren ursprünglich in 24 verschiedenen Abteilungen ausgestellt. Neben Statuen und zahlreichen Gemälden waren hier vorhanden: ein Physikalien- und Raritätenkabinett, sogar mit einem ausgestopften Krokodil, ferner eine Waffensammlung, wertvolle numismatische Kollektionen sowie umfangreiche Mineralien- oder Schmetterlings-sammlungen.

 

Außer den Bildern können Sie in den historischen Schränken einen barocken, mit Silber bestickten Ornat oder Holzschnitzereien aus dem 18. Jahrhundert sehen. Im großen Schrank zwischen den beiden Fenstern befinden sich neben liturgischen Geräten das Winkelmessinstrument Theodolit sowie drei Reisesonnenuhren, eine davon aus Elfenbein. Während der ersten Aufhebung des Klosters Hohenfurth durch das nationalsozialistische Regime im Zweiten Weltkrieg wurden diese Objekte, ähnlich wie viele andere Wertgegenstände, nach Oberösterreich abtransportiert. Die Oberösterreichische Landesregierung restituierte dem tschechischen Zisterzienserkloster im Jahr 2009 insgesamt 180 Sammelobjekte, die sich aus dieser bewegten Zeit noch erhalten haben.

Bemerkenswert ist auch die Glas- und Porzellansammlung im großen Schrank, der gegenüber den Fenstern an der Wand steht. Darin sind u. a. kleine Arzneiflaschen zu sehen, die sich als einzige Originalgegenstände aus der früheren Klosterapotheke erhalten haben und die dem Kloster von einer Privatsammlerin aus Kaplice 2013 geschenkt wurden.

 

Rechts neben dem Durchgang zum Großen Saal hängt an der Wand eine kleine Skizze. Der berühmte böhmische Barockmaler Peter Brandl entwarf darauf die Darstellung der Aufnahme Mariens in den Himmel. Nach diesem Vorbild schuf der Künstler im Jahr 1728 das eigentliche große Altargemälde, das knapp drei Meter breit und mehr als sieben Meter hoch ist.

 

8. Der große Saal der Gemäldegalerie

Die meisten Bilder in der Gemäldegalerie stammen aus der Barockzeit. Oft veranschaulichen sie biblische, religiöse und historische Szenen oder sie heben die Schönheit der Blumen, der Meere, ja der göttlichen Schöpfung hervor.

Über dem Eingang hängt ein Portrait von Leopold Wackarž, der hier von allen Hohenfurther Äbten am längsten regierte. Dem hiesigen Kloster stand er fast 45 Jahre vor und in seinem fortgeschrittenen Alter wurde er zum Generalabt des gesamten Zisterzienserordens gewählt.

 

An der gleichen Wand an dem zum Kirchenturm führenden Fenster hängt Das Portrait eines jungen Mannes mit Malerpalette. Es handelt sich um ein frühes Selbstbildnis von Jan Kupecký aus der Zeit um 1702, als der Künstler erstmals in Italien weilte.

Die zwei größeren Gemälde quadratischen Formats an beiden Seiten des Durchgangs stammen von Peter Brandl. Sein Bild Jäger und drei Frauen dürfte vor dem Jahr 1720 entstanden sein. Diese Szene wurde manchmal als Darstellung des verlorenen Sohns gedeutet, von dem das Lukasevangelium erzählt. Das zweite Gemälde von Brandl auf der anderen Seite der Frontwand des Saals zeigt die Heilung des blinden Tobias.

Weitere Bilder malten beispielsweise Norbert Grund oder Kaspar Jan Hirschelly.

 

Die Apostel-Reihe von Franz Xaver Palko finden Sie neben dem Eingang in die Bibliothek. Auf der gegenüberliegenden Seite schwebt Brokoffs Engel mit Flügeln. In dessen Nähe sind Objekte ausgestellt, die mit der Geschichte der Abtei Hohenfurth und des Gründergeschlechts zusammenhängen. Das Bild Nummer 27 etwa zeigt das Kloster Hohenfurth mit der gleichnamigen Stadt, den umliegenden Kirchen und der Teufelsmauer, die gerade fünf nackte Teufel bauen wollen. Die Sage über die wunderbare Errettung des Gründers aus dem Moldaufluss wird im unteren Teil des Bildes dargestellt.

 

Das Gemälde, das als Zisterzienserhimmel bezeichnet wird, verherrlicht den Zisterzienserorden. Dabei bediente man sich zahlreicher mystischer Symbole.

Ein wirklichkeitsgetreues Portrait von Peter Wok von Rosenberg hängt in der Ecke direkt neben dem Fenster. Alle anderen Bilder der Rosenberger entstanden lange Zeit nach dem Tod der dargestellten Personen.

 

Die Statuen an den Säulen des Großen Saals standen einst in den Kirchen jener Ortschaften, die im Grenzgebiet im Zuge der Errichtung des Eisernen Vorhangs geschleift wurden.

 

In den Vitrinen sind Faksimile von wichtigen Urkunden, Bücher, das äbtliche Porzellanservice und andere historische Objekte ausgestellt.

Einen Blick in den Paradiesgarten können Sie durch das Fenster in der Ostwand werfen.

 

9. Der Bibliotheksgang

Der Bibliotheksgang wurde im Jahr 1844 unter dem Abt Valentin Schopper errichtet, dessen Portrait oberhalb der gegenüberliegenden Tür zu sehen ist. Die meisten Bücher im Bibliotheksgang wurden im 19. Jahrhundert gedruckt. Vorwiegend handelt es sich dabei um wissenschaftliche Werke, aber in den Bücherregalen findet man aber auch Romane von Jules Verne oder Erzählungen von Adalbert Stifter.

Die über den Bücherschränken hängenden Bilder zeigen die Äbte, die in Hohenfurth vom 16. bis 19. Jahrhundert herrschten.

 

10. Der Philosophische Saal der Klosterbibliothek

Im Kleinen Bibliothekssaal werden Bücher aufbewahrt, die verschiedenen Wissenschaften gewidmet sind – wie etwa der Philosophie, Medizin, Geographie, Naturkunde, Mathematik oder Astronomie – und die daher als Früchte der Gelehrsamkeit bezeichnet werden können.

 

Auf Gelehrsamkeit und Weisheit bezieht sich auch das Deckengemälde, welches Das salomonische Urteil dargestellt: „König Salomo wurde als Richter von zwei Frauen angerufen, die um ein Kind stritten. Beide Frauen hatten zur gleichen Zeit einen Sohn geboren. Das eine Kind starb aber, und seine Mutter nahm deshalb das Neugeborene der anderen Mutter. Salomo verkündete, er werde das lebendige Kind mit dem Schwert teilen, um jeder der beiden Mütter die Hälfte des Kindes geben zu können. Da flehte ihn eine der Frauen an, er möge das lebendige Kind der anderen Frau geben, nur damit es am Leben bleibe. Daraufhin gab der König das Kind der um das Leben des Sohns flehenden Frau zurück, weil er in ihr die wahrlich liebende und daher die leibliche Mutter erkannte. Und auf diese Geschichte geht die sprichwörtliche salomonische Weisheit zurück.“

 

Auf dem in der Mitte des Saals platzierten Tisch liegt Müllers Landkarte von Böhmen, allerdigs im verkleinerten Maßstab. Diese kartographische Abbildung aus dem Jahr 1720 erfasst alle diejenigen Städte und Ortschaften, deren Häuserzahl sich auf mehr als drei Häuser belief.

 

11. Der Theologische Saal der Klosterbibliothek

Im Großen Bibliothekssaal werden ausschließlich theologische Schriften aufbewahrt. In dem hohen Schrank Nummer eins beispielsweise befindet sich eine bemerkenswerte Bibelsammlung. Die Heilige Schrift ist hier in mehr als vierzig verschiedenen Sprachen vorhanden.

 

Das Deckengemälde veranschaulicht den zwölfjährigen Jesus, der mit seinem Verständnis die Schriftgelehrten im Jerusalemer Tempel ins Staunen versetzt. Die Szene malte der Hohenfurther Laienbruder Lukáš Vávra, der auch das Fresko im Kleinen Bibliothekssaal schuf. Ein anderer Mönch dieses Klosters namens Josef Raffer fertigte die reich verzierten Bücherschränke und darüberhinaus das Chorgestühl und die Beichtstühle für die Klosterkirche an.

 

Die Prunksäle der Bibliothek ließ in den Jahren 1753 bis 1757 Abt Quirin Mickl errichten, dessen Bildnis über dem Eingang hängt. Der gelehrte Prälat und vierfache Doktor war auch ein bedeutender Dichter. Darüberhinaus beherrschte er viele Sprachen und verfasste um die siebzig wissenschaftlichen Abhandlungen. Sein Hauptwerk ist aber eine umfangreiche Universalenzyklopädie in 35 Foliobänden, die alle zeitgenössischen profanen sowie theologischen Erkenntnisse zusammenfasst. Für sein Kloster schaffte Abt Mickl die wichtigsten Bücher seiner Zeit an. Heute finden wir hier mehr als 70 000 Buchtitel vor. Somit ist die Hohenfurther Bibliothek die drittgrößte Klosterbibliothek Tschechiens, in der Vollständigkeit ihres historischen Buchbestands ist sie aber überhaupt am besten erhalten. Alle Bücher, die im Theologischen und Philosophischen Saal versammelt sind, wurden in Hohenfurth für Hohenfurth gebunden! Die Bucheinbände sind in einem einheitlichen Stil gestaltet. Damit wird die harmonische Komposition der Bibliothekssäle unterstrichen, die mit Recht zu den schönsten Rokokoräumen Europas zählen.

 

Revolutionär war bei den Zisterziensern auch die Maßnahme, dass an den Ort eines neu zu gründeten Klosters keine Mönche ohne Bücher entsandt werden durften. Auch deshalb sind in der hiesigen Bibliothek bis heute Bücher vorhanden, die viel älter sind als das Kloster selbst. Das älteste Manuskript stammt aus dem 8. Jahrhundert und gibt Textpassagen des Paulusbriefs an die Thessalonicher wieder. Weitere Bücher bekam das Kloster geschenkt, andere wurden gekauft oder sie entstanden in der eigenen Schreibstube, die es im Mittelalter in Hohenfurth gegeben hatte. Bis heute haben sich hier etwa 200 Handschriften auf Pergament, 1 000 Handschriften auf Papier und 400 Wiegendrucke erhalten, die in einem eigenen Tresorraum untergebracht sind. Manche der Handschriften sind mit prächtigen Buchmalereien verziert.

 

12. Thesenblätter zu Disputationen

An den Wänden dieses Raumes sehen Sie großformatige Einblattdrucke auf Seide. Diese kündigten sogenannte Disputationen an, die als wissenschaftliche Streitgespräche zum Abschluss eines Magister- oder Doktoratsstudiums an der Universität stattfanden. Die prachtvollen Graphiken wurden oft von bedeutenden Künstlern geschaffen.

Der untere Teil des Blatts trägt Textpassagen mit der feierlichen Anzeige in der Mitte und den Thesen, die öffentlich diskutiert wurden. Zu Beginn wird meist der Patron der Disputation genannt, in der weiteren Folge der Vorsitzende, dann der Grad der Verteidigung, der Verteidiger selbst sowie das Datum, an dem die Disputation stattfinden sollte.

Die hier ausgestellten Thesenblätter wurden anlässlich von Disputationen herausgebracht, die im 18. Jahrhundert unter der Patronanz von Hohenfurther Äbten standen.

 

13. Die Musikempore

Anstelle eines älteren Musikinstruments baute Leopold Breinbauer aus Ottensheim im Jahr 1892 diese große romantische Orgel, die in Tschechien zu den schönsten ihrer Art gehört. Die ursprüngliche mechanische Traktur verbindet das zweimanualige Spielpult mit 2 052 Pfeifen, die in 36 Registergruppen aufgeteilt sind. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts wirkte in Hohenfurth als Organist und Chordirektor Josef Förster, dessen Sohn Josef Bohuslav Förster wegen seiner musikalischen Kompositionen bekannt wurde.

 

Der Blick von der Musikempore aus zeigt die gotische Klosterkirche aus einer anderen Perspektive. Die Zisterzienser bauten ihre Klöster „aus der Musik für die Musik“, denn sie übertrugen die Relationen von harmonischen Musikintervallen in die Baukonstruktionen. Zur Ehre der Königin des Himmels und der Erde erwuchsen Zisterzienserkirchen fernab lauter Städte in bewaldeten Tälern der Flüsse. Die Schmucklosigkeit der zisterziensischen Architektur brachte die Ideale der Askese und Armut zum Ausdruck und stand im krassen Widerspruch zu den mit aufwendigen Verzierungen gebauten Kathedralen. Anstelle von bunten Malereien und Skulpturen traten nun große Flächen von glatt gehauenen Steinen, die für die Zisterzienserabteien typisch sind. In der Kirche war nur ein einfaches Kreuz aus Holz erlaubt, damit sich die Mönche möglichst ungestört und ohne unnötige Ablenkungen der kontemplativen Lebensweise zuwenden konnten. Bei Gebet, Essen, Arbeit oder Erholung hielten sie sich in Räumen auf, die in graduierenden Lichtstufen untergliedert wurden, die den Geist zur eigentlichen Mitte führen sollten.

 

Die auf Demut zielenden Zisterzienser sahen ursprünglich auch keine hohen Kirchentürme vor. Ansonsten sind die Dimensionen ihrer Klosterbauten jedoch überwältigend. Als man beispielsweise den Innenraum dieser Kirche im Jahr 2012 renovierte, wurde dafür ein Baugerüst aus Eisenstäben benötigt, dessen Gesamtlänge etwa 46 Kilometer betrug!

 

Auch die Fenster sollten in den mittelalterlichen Klöstern so einfach wie möglich gehalten werden. Die bemalten Fensterverglasungen, die wir in der Hohenfurther Kirche heute sehen, schufen erst in den Siebziger- und Achtzigerjahren des 19. Jahrhunderts das Glasmalereiatelier Neuhauser in Innsbruck und die Mayer’sche königliche Hofkunstanstalt in München.

 

Das große Fenster in der westlichen Frontseite veranschaulicht die Marienerscheinung in Lourdes im Jahr 1858. In den Fenstern der Südwand sind Heilige und Schutzpatrone des Zisterzienserordens dargestellt.

 

Die Fenster auf der gegenüberliegenden Seite zeigen Szenen aus dem Leben des hl. Bernhard von Clairvaux, der den Zisterzienserorden prägte wie sonst kein anderer. Nicht umsonst wird das 12. Jahrhundert auch das bernhardinische Jahrhundert genannt, da sein Einfluss auf die Spiritualität, aber auch das kulturelle und politische Leben enorm war. Berühmt wurde der heilige Abt wegen seiner überragenden Rednerkunst, brillant verfassten Texte und mystischen Erlebnisse. Seine außerordentliche Begabung zur Menschenführung schlug sich im fieberhaften Gründen von zahlreichen neuen Klöstern nieder. Als Bernhard im Jahr 1153 starb, hatte Europa bereits 343 Zisterzienserinnen- und Zisterzienserklöster. Dabei waren seit der Ordensgründung gerademal erst fünfzig Jahre vergangen! Eine derart dynamische Verbreitung einer Ordensgemeinschaft blieb in der europäischen Geschichte bislang ein Ausnahmefall.

 

Sehr geehrte Gäste,

auf der Musikempore geht der Rundgang durch das Kloster in der Regel zu Ende. Wir danken Ihnen vielmals für Ihren Besuch und Ihr Interesse an den Kunstschätzen, die sich in der Abtei Hohenfurth als Vermächtnis unserer europäischen Kultur erhalten haben. Für Ihren weiteren Weg wünschen wir alles Gute und hoffen, Sie in Vyšší Brod bald wieder begrüßen zu dürfen!

 

 


 

 

Besichtigungsroute II. – ZAWISCHKREUZ

 

14. Gotischer Keller

Sehr geehrte Besucherin, sehr geehrter Besucher,

lassen Sie uns gemeinsam auf die Suche nach dem Kreuz gehen, das im mystischen Glanz erstrahlt! In nur wenigen Augenblicken werden Sie eine der wertvollsten Kostbarkeiten der europäischen Goldschmiedekunst sehen. Zu Beginn unserer Suche dürfen wir Ihnen Informationen über die Bedeutung und die Geschichte des sogenannten Zawischkreuzes anbieten.

 

Die Videoaufzeichnungen zeigen Ihnen die Details des königlichen Juwels. Die Vorderseite des Kreuzreliquiars ist mit einer naturalistischen Ausschmückung bedeckt, die ganze Miniaturlandschaften mit mystischen Symbolen darstellt. Im Filigran aus purem Gold sind 51 Edelsteine und 208 Perlen gefasst. Außer dem Hohenfurther Reliquienkreuz kennen wir im Bereich der westeuropäischen Goldschmiedekunst der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts kein anderes Kreuzreliquiar, bei dessen Dekoration eine ähnlich hohe Zahl so hochwertiger Edelsteine verwendet worden wäre wie beim Zawischkreuz. Dieses ist auch das einzige goldene Kreuz! Obwohl sich der Mensch des Mittelalters mit größter Wahrscheinlichkeit des hohen Geldwertes der kostbaren Materialien bewusst war, schätzte er Edelsteine und Gold vor allem wegen ihrer hohen Leuchtkraft, die ihnen der Sonnenschein verlieh. Das alles umgebende, jedoch unfassbare Licht wurde nach den Worten Christi Ich bin das Licht der Welt in der Theologie als Allegorie des von den Toten auferstandenen Erlösers und der göttlichen Güte auf Erden interpretiert. Der Tradition nach soll in der Hauptvierung des Zawischkreuzes eine Reliquie verwahrt sein, die bedeutender ist als alle anderen – nämlich ein Teil des Holzes des Wahren Kreuzes, an dem Jesus Christus den Opfertod erlitt. Den Partikeln des heiligen Holzes wurden unermessliche magische Kräfte zugeschrieben. Nur die mächtigsten Herrscher konnten sie im Besitz halten, um ihre imperialen Ansprüche zu legitimieren.

Die zentrale Reliquie ist die Quelle des Lichts, das die zarten Motive von Blättern, Ranken und Reben des Weinstocks symbolisch erleuchtet. In Anknüpfung an die Worte Jesu Christi Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben werden die Vorstellungen über den Baum des Lebens und gleichzeitig den himmlischen Garten wachgerufen.

 

Die goldenen Filigrane auf der Rückseite gehören dem Typus des sogenannten Würmchensfiligrans an. Neben weiteren zehn Saphiren ist die Rückseite mit elf altertümlichen Emaillen verziert, die Brustbilder der Heiligen darstellen. Diese Brustbilder müssen bereits zu der Zeit, als das Kreuz angefertigt wurde, außerordentlich kostbar gewesen sein.

 

Das Hohenfurther Reliquiar zählt zu den Doppelkreuzen mit Armen in der charakteristischen Lilienform. Der obere Balken weist auf das Schild mit der dreisprachigen Inschrift Jesus von Nazareth, König der Juden hin. Das Doppelkreuz geht somit auf die Vorstellung über die ideale Einheit des Wahren Kreuzes zurück, das auf Golgota bei Jerusalem von der heiligen Helena gefunden worden sein soll.

 

Aufgrund seiner überragenden Sonderstellung im Bereich der Kultur und des religiösen Lebens und wegen seiner weltweiten kunstgeschichtlichen Bedeutung wurde das Reliquiar Zawischkreuz im Jahr 2010 zum nationalen Kulturdenkmal der Tschechischen Republik erklärt.

Die Herkunft des sogenannten Zawischkreuzes ist von Geheimnissen umhüllt. Einige Forscher vertreten die Ansicht, dass das Hohenfurther Reliquiar ursprünglich als Krönungskreuz für den ungarischen Herrscher Béla IV. angefertigt wurde. Nach Böhmen dürfte das kostbare Kleinod gemeinsam mit dem ungarischen Kronschatz gelangt sein, den Bélas Tochter Anna im Jahr 1270 nach Prag brachte, als sie im Zuge politischer Machtkämpfe zu ihrer Tochter Kunigunde flüchtete, die damals mit dem Böhmenkönig Přemysl Ottokar II. verheiratet war. Ottokar verlor sein Leben in der Schlacht auf dem Marchfeld im Jahr 1278. Die verwitwete Königin Kunigunde heiratete danach Zawisch von Falkenstein, obgleich dieser in der Vergangenheit die widerspenstigen Witigonen anführte, die sich gegen den König aufgelehnt hatten. Zawisch wurde durch die Heirat zum Mitglied der königlichen Familie. Er übernahm die Regentschaft über das böhmische Königreich und wurde zum Vormund des künftigen Königs Wenzel II. Auf dem Höhepunkt seiner Macht schenkte Zawisch den Hohenfurther Zisterziensern ein goldenes Prachtreliquiar mit der Kreuzreliquie. Damit wollte er die Bedeutung des Erbklosters der Wittigonen untermauern, aus deren Geschlecht er selbst stammte. Seitdem wird das kostbare Reliquiar nach ihm das Zawischkreuz genannt. Der König Wenzel fürchtete jedoch den politischen Einfluss seines Stiefvaters sehr und ließ ihn daher 1290 unterhalb der südböhmischen Burg Hluboká köpfen. Den Laichnahm begruben die Zisterziensermönche von Hohenfurth in ihrem Kapitelsaal.

 

Während seiner langen und bewegten Geschichte wurde das juwelenbesetzte Zawischkreuz mehrmals verpfändet oder gestohlen. Obwohl mehrmals für verschollen gehalten kehrte es letztendlich immer nach Hohenfurth – Vyšší Brod zurück.

 

Weitere Informationen über eines der weltweit wertvollsten Reliquiare übermitteln die Schautafeln in diesem Raum. Die reich bebilderte Broschüre mit dem Titel Zawischkreuz können Sie im Klosterladen kaufen.

 

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Die Zisterzienserabtei Hohenfurth wurde als Hauskloster von Rosenbergern und anderen wittigonischen Adelsgeschlechtern im Jahr 1259 gegründet. Die Rosenberger errichteten für sich eine Familiengruft, die sich unter dem Fußboden des Presbyteriums in der Klosterkirche befindet. Welche verblüffenden Ergebnisse die wissenschaftliche Untersuchung dieser Grablege erbrachte, erfahren Sie in der Ausstellung im Untergeschoss des Gotischen Kellers.

 

15. Das Rosenberger Oratorium

Das originale Zawischkreuz wird im Rosenberger Oratorium ausgestellt, das sich im Obergeschoss der Hohenfurther Abteikirche befindet. Diesen Raum betraten schon die Rosenberger, wenn sie dem Gottesdienst der Mönche beiwohnen wollten. In das Oratorium gelangt man nur über eine Wendeltreppe in kleinen Gruppen. Personen mit Behinderung wird der Aufstieg nicht empfohlen. Aufgrund des außerordentlich hohen Werts des Zawischkreuzes müssen in diesem Bereich der Besichtigungsroute entsprechende Sicherheitsmaßnahmen angewendet werden. Wir danken für Ihr Verständnis!

 

Sehr geehrte Gäste!

Das königliche Reliquiar, das man als Zawischkreuz bezeichnet, wird mit Absicht in einem schlichten und schmucklosen Raum gezeigt. Die Zisterzienser von Vyšší Brod laden Sie an diesem heiligen Ort zu Stille und Gebet ein.

 

Wir bedanken uns herzlich für Ihren Besuch und wünschen Ihnen bei der Besichtigung des Zawischkreuzes ein nachhaltiges Erlebnis!

 

 


 

 

Die Klosteranlage

16. Der Innenhof der Abtei

Die Kassa bzw. der Klosterladen befinden sich im Besucherzentrum, in dem auch Ausstellungsräume, ein Seminarraum, das Klostercafé und Toiletten untergebracht sind. In der Vergangenheit arbeiteten in diesem Gebäude Beamte, die für die Verwaltung der klösterlichen Besitztümer zuständig waren, wogegen heute die vorhandene Infrastruktur von Touristen und der Öffentlichkeit gerne genutzt wird.

 

In der Mitte des Innenhofs steht ein Brunnen mit der Statue des hl. Leopold, weil es sich um den Namenspatron des bedeutenden Hohenfurther Abtes Leopold Wackarž [Watschkarsch] handelt.

Anlässlich von kirchlichen Feiertagen oder auch anderen gesellschaftlichen Ereignissen wurden und werden im Innenhof Festveranstaltungen organisiert. Der Vorsteher des Klosters, den man Abt nennt, residierte in seinem repräsentativen Abthaus, das urkundlich erstmals im Jahr 1578 erwähnt wird und den südlichen Bereich des Innenhofs einnimmt. An der Außenwand des ehemaligen Abthauses ist die Innschrift Poštovní muzeum – also Postmuseum – angebracht. Diese Innschrift lädt Sie dazu ein, die in Tschechien größte Ausstellung zur Geschichte des Postwesens zu besichtigen, in der auch eine schöne Sammlung von historischen Kutschen zu sehen ist.

 

Hinter dem schmiedeeisernen Zaun erstreckt sich der Konvent-Friedhof, auf dem zahlreiche Hohenfurther Mönche ihre letzte Ruhestätte fanden. In der Friedhofskapelle der hl. Anna mit einer Darstellung der Heiligen auf dem Turmknauf wurden im 20. Jahrhundert die sterblichen Überreste der Äbte Leopold Wackarž und Bruno Pammer beigesetzt.

 

Zu den ältesten Bauten der Abtei zählt der Ostteil der gotischen Klosterkirche: Den zentralen und in seinen Dimensionen höchsten Bestandteil bildet hier das Presbyterium, auch Chor genannt, in dem in der Kirche der Hochaltar steht. Die ziemlich hohen, schlanken Spitzbogenfenster des Chorschlusses tragen ähnliche Maßwerkmuster wie die Fenster der berühmten Pariser Sainte Chapelle oder der Kathedrale von Amiens. An der Nord- und an der Südflanke des Presbyteriums befinden sich wesentlich kleinere Kapellenpaare. An den äußeren Kapellen knüpft ein Schluss über dreieckigem Grundriss an, was als eine europäische Besonderheit anzusehen ist.

Inmitten der Abtei ragt der 34 Meter hohe Hauptturm empor. Dieser wurde allerdings erst im Jahr 1860 erbaut, da die Zisterzienser ursprünglich ein Verbot von hohen Kirchentürmen für ihre Klöster erließen, um ihre Demut zu betonen. Die im Turm heute installierten Glocken wurden durch Spenden der deutschsprachigen Pfarrangehörigen angeschafft, die infolge des Zweiten Weltkrieges aus der Region Hohenfurth ausgewiesen bzw. vertrieben worden waren.

Der Kreis der historischen Bauten um den Innenhof schließt sich mit dem sogenannten Gerichtsgebäude mit einer Gartenmauer. Dieses imposante Gebäude wurde im Jahr 1766 unter dem gelehrten Abt Quirin Mickl erbaut, der in weiterer Folge die Innenräume des Hauses mit Malereien verzieren ließ. Anfänglich diente das Gebäude als Sommerrefektorium, also als Speisesaal der Mönche. Ein Teil der Zimmer wurde für die Ehrengäste des Klosters reserviert und in anderen Räumen befanden sich die Verwaltungsbüros der Abtei. Im Jahr 1850 stellte das Kloster das gesamte Gebäude dem Bezirksgericht zur Verfügung, das hier bis zum Zweiten Weltkrieg seinen Sitz hatte.

Im Zusammenhang mit dem sogenannten Gerichtsgebäude ist noch eine interessante Tatsache zu erwähnen: Über dem Haupteingang ist eine Gedenktafel angebracht, die daran erinnert, dass in diesem Haus im Jahr 1816 der Böhmerwald-Schriftsteller Franz Isidor Proschko geboren wurde.

 

17. Das Rosenberger-Tor

Als Bestandteile der ursprünglichen mittelalterlichen Befestigung haben sich in Vyšší Brod – Hohenfurth sowohl kleine Basteien als auch Klostermauern erhalten.

Den Haupteingang in die Klosteranlage markiert das Rosenberger-Tor. Die Freskomalereien an der Vorderfront wurden im Jahr 2015 erneuert. Im Südböhmischen Kreis handelt es sich um das größte Fresko mit figuralen Motiven, das an einer Außenfassade angebracht ist. Alleine die Darstellung der Maria Assumpta ist drei Meter hoch! Die Muttergottes steht auf der Mondsichel und hält das Jesuskind in ihren Armen. Daneben sehen wir in schwarzen Habit gekleidet den hl. Benedikt, nach dessen Regel zahlreiche Ordensgemeinschaften seit dem 6. Jahrhundert bis heute leben, beten und arbeiten. Das weiße Ordenskleid trägt Bernhard von Clairvaux, der als bedeutendster Heiliger des Zisterzienserordens gilt.

Die Einfahrt in die Abtei bewacht der rosenbergische Reiter in voller Rüstung. Seit je symbolisiert er die Erhabenheit sowie die vorrangige Stellung der Herren von Rosenberg, die Hohenfurth als ihr Erbkloster mit einer eigenen Familiengruft gründeten und im Laufe der Jahrhunderte beschützten. Das Stammwappen der Rosenberger, bestehend aus einer fünfblättrigen Rose auf silbernem Grund, ist am Torbogen samt Helm und Helmzier auch in Stein gehauen. Die gemalten persönlichen Wappen des rosenbergischen Herrschers Wilhelm und seiner vierten Gattin Polyxena, geborene von Pernstein, deuten darauf hin, dass die an der Stirnwand des Tors angebrachten Malereien in den späteren Achtziger- bzw. frühen Neunzigerjahren des 16. Jahrhunderts entstanden sein dürften. Die Ausrüstung der Knappen verbildlicht die Welt der römischen Soldaten, was man als Hinweis auf den Mythos über die Verwandtschaft der Rosenberger mit dem uralten römischen Geschlecht der Fürsten Orsini deuten kann, dem sogar auch drei Päpste entstammten.

Als Urheber der Malereien gilt der rosenbergische Hofmaler Bartoloměj Beránek, genannt Jelínek.

 

Auch die restaurierten wuchtigen Torflügel mit Eisenbeschlägen stellen ein schönes und seltenes Beispiel für die angewandte Kunst aus der Zeit der Renaissance dar.

 

Gegenüber vom Rosenberger-Tor befindet sich eine Tafel mit umfassenden Informationen zu Wanderwegen, die Sie zu den schönsten Ausflugszielen in der bezaubernden Landschaft des südlichen Böhmerwaldes führen werden.

 

18. Vor der Klosterpforte

In der Komposition der Malereien, die an der Stirnwand des Gebäudes mit einem giebelartigen Turm angebracht sind, nimmt die Szene der Kreuzigung des Heilands mit Maria und dem Evangelisten Johannes eine zentrale Stellung ein. Ähnlich wie auch am Rosenberger-Tor erscheinen hier der rosenbergische Reiter sowie die Wappen Wilhelms von Rosenberg und seiner vierten Ehegattin Polyxena, geborene von Pernstein, die in den späten Achtziger- und frühen Neunzigerjahren des 16. Jahrhunderts als Schutzobrigkeit des Klosters fungierten. Die zwei großen Gestalten, welche die Kreuzigungsszene flankieren, stellen den Hauptpatron der böhmischen Länder, nämlich den hl. Wenzel, sowie den hl. Nikolaus dar. Nikolaus wurde auch zum Schutzheiligen der Apotheker auserwählt. Bis zur Erbauung des großen Abthauses unterhalb der Kirche residierten die Hohenfurther Äbte in diesem Haus. Seit 1651 bis in die Fünfzigerjahre des 20. Jahrhunderts hinein war in diesem Gebäude aber die Klosterapotheke untergebracht, die beispielsweise auch den früher so beliebten Böhmerwald-Kronenbalsam produzierte. Heute dient das Gebäude als Klosterpforte.

 

Gegenüber der heutigen Klosterpforte an der Ecke des ehemaligen Küchengartens entstand Anfang des 20. Jahrhunderts ein eigenes Feuerwehrdepot.

 

Entlang des vom Rosenberger-Tor kommenden Zufahrtsweges verläuft eine geschlossene Reihe von Gebäuden, die zum ursprünglichen Meierhof gehörten. Der Meierhof war in der Abtei das Zentrum der landwirtschaftlichen Produktion; unter anderem befanden sich darin äbtliche Pferdeställe oder auch andere Stallungen. Nachdem das Kloster 1950 durch das kommunistische Regime gesetzwidrig aufgehoben worden war, wurde hier ein Erholungszentrum des staatlichen Wohnungsamts der nordböhmischen Stadt Most eingerichtet. Die Gebäude des historischen Meierhofs wurden dem Zisterzienserorden erst im Jahr 2015 zurückgegeben, leider in einem sehr schlechten baulichen Zustand.

 

Ein weiterer historischer Bau, der in der nördlichen Hälfte der Klosteranlage liegt und der Klostergemeinschaft nach 65 Jahren vollkommen verwahrlost rückerstattet wurde, ist die Klosterbrauerei, die urkundlich erstmals im Jahr 1380 erwähnt wird. In der Tschechoslowakei der Zwischenkriegszeit zählte diese Brauerei zu den modernsten und erfolgreichsten Betrieben ihrer Art.

Historisch wertvoll ist ebenfalls die gotische Mühle aus dem 14. Jahrhundert. In den Wirtschaftsgebäuden waren früher zahlreiche Handwerksbetriebe untergebracht wie etwa: Schreinerei, Wagnerei, Schmiede, Schlosserei, Schneiderei oder Buchbinderei. An den südöstlichen Hängen befanden sich Gewächshäuser und Klostergärtnerei sowie Fischbehälter.

 

Nachdem die Restitutionsgesetze in der Tschechischen Republik nach mehr als 25 Jahren nach der politischen Wende endlich in Kraft traten, sind nun die Mönche sehr bemüht, die rückerstatteten Wirtschaftsgebäude schrittweise zu renovieren, damit diese künftig sinnvoll genutzt werden können.

 
 
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